Text: Stefan Löffler für das Schachfestival München
Als Moritz Stöttner vorvergangenen Montagnachmittag an die Uni kam, ahnte er nicht, dass er am nächsten Morgen am Schachbrett sitzen würde. Freitagnachmittag um die gleiche Zeit, kaum vier Tage später, hatte er seine erste Norm für den Internationalen Meister im Kasten. So schnell kann es gehen.
Mitten im Semester ein Schachturnier spielen kam eigentlich nicht in Frage. Doch als der Informatikstudent, während er an der FH München in der Übung „Betriebssysteme“ saß, eine Whatsapp las, dass in einem am kommenden Morgen beginnenden Rundenturnier des Schachfestival München ein kostenloser Platz frei geworden war, zögerte er nicht. Erst Stunden zuvor war er aus Linz zurückgekehrt. Dort war er mit seinem Bruder und Freunden als Team unter dem Fantasienamen „AnkaraChessi“ angetreten, hatte großen Spaß gehabt und das Gefühl, dass er in Form war. Rasch funkte er seinen Bruder an, ob der Zeit hatte und entschied für sich: „Wenn Lukas nicht kann, muss ich halt einspringen“, zumal wegen Pfingsten einige vorlesungsfreie Tage anstanden. Als die Übung aus war, rief er Veranstalter Richard Holzberger an und sagte zu.
Auf die erste Partie konnte sich der Niederbayer und seit bald drei Jahren Münchner mangels Kenntnis der Auslosung nicht vorbereiten. Bei der folgenden hatte er den Gegner verwechselt. Dafür bekam er ab Runde drei Tipps von seinen Mannschaftskameraden Lukas Stöttner, Andreas Ciolek und Robert Heigermoser. Dass er mit einem Sieg gegen einen 2400er loslegte, stärkte sein Selbstbewusstsein. Auch in den folgenden Spielen bekam er stets seine Stellungen aufs Brett. Sechs Siege und ein Remis hatte er bis Freitagmittag zusammen.
Dass das bereits ungeachtet der letzten zwei Runden für die angepeilte erste IM-Norm reichte, erfuhr Moritz Stöttner von Schiedsrichter Luis Blasco de la Cruz erst, nachdem er die folgende Partie gegen Großmeister Hagen Pötsch verloren hatte, mit dem er am Ende den ersten Platz in seiner Gruppe teilte. Danach ging er mit Schachfreunden feiern. Sein Resultat in der Schlussrunde spielte keine Rolle mehr (es wurde ein Remis).
Sein Erfolgsgeheimnis? Etwa seine Kappe, auf der „Live Fast, Die Young“ steht? Die helfe beim Fokussieren, und er trage sie schon seit in der letzten Saison der Oberliga Bayern regelmäßig am Brett. Doch mit Aberglauben habe die Kappe nichts zu tun, sagt er. Auf Wunsch zieht er sie kurz ab – zum ultrakurzen Sommerschnitt passt es perfekt, Schwitzen muss er unter der weißen Kappe nicht. Wichtiger: Zuletzt hatte er viel Bock auf Schach und hat fleißig trainiert. Dass inzwischen so verschiedene Eröffnungen von ihm der Datenbank sind, dass man sich kaum auf ihn vorbereiten kann, half auch, vermutet Stöttner. Ob er sich mit seinem Resultat für die Zweitligamannschaft beim SK Garching empfehlen wollte? Stöttner grinst: Bitte nicht schreiben!
Was stand als nächstes an? Er reiste seinen Freunden zum Mannschaftsturnier ins Tiroler Bergdorf Leutasch nach. Das A-Finale hatten sie auch ohne ihn erreicht. Diesmal nicht als „Ankarachessy“ sondern als „die Daltons“. Mit dem nachgereisten Spitzenbrett holten sie Platz zwei. Für einen schnellen Schuss ist Moritz Dalton immer gut.
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Das Schachfestival München
Seine Premiere feierte das Schachfestival München 2023 mit drei Turnieren plus Rahmenprogramm. Vor der zweiten Auflage 2024 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter gründete das Organisationsteam den Trägerverein Schachfestival München e.V. und warb weitere Mitstreiter an, um das mehrwöchige Festival mit hunderten Gästen zur Tradition werden zu lassen. An potenziellen Mitspielerinnen und Mitspielern mangelt es nicht. Allein in München gibt es 35 Schachclubs mit etwa 2.250 Mitgliedern. Die Zahl der nicht organisierten Hobbyspieler liegt um ein Vielfaches darüber.
Kontakt:
Richard Holzberger
Schachfestival München e.V.
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Sebastian Siebrecht
Turnierdirektor
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