Text: Stefan Löffler für das Schachfestival München
Nach drei Remis am Anfang hatte Ashot Parvanyan wenig Hoffnung, dass er beim GM-Turnier des Münchner Schachfestivals eine Norm holen würde. Dann gewann er mit Schwarz eine Glanzpartie gegen den Elostärksten seiner Gruppe. Von da an lief für den 24-jährigen Norderstedter alles wie am Schnürchen
Wenn der große, gebürtige Armenier mit der sanften Stimme von seinem Sieg gegen GM Tomas Laurusas erzählt, gerät er ins Schwärmen. Königsindisch ist seine Lieblingseröffnung. Königsindisch dürfe man nicht gegen starke Leute spielen, hat er oft zu hören bekommen. Ashot Parvanyan tat es trotzdem. Er opferte für Initiative, griff an, opferte wieder. Als ihm kaum mehr als die 30 Sekunden blieben, die es nach jedem Zug dazu gibt, hatte sein litauischer Gegner noch zwanzig Minuten auf der Uhr. Doch Parvanyan hielt durch, fand die Züge, die ihm den Sieg brachten. Mehr als das. Es war die Art Sieg, die sagte: Hier geht noch mehr.
2016 ist seine Familie nach Deutschland übersiedelt. Ein wichtiger Grund war, ihm den Armeedienst zu ersparen. Einen neuen Pass will ihm Armenien nur geben, wenn er seine zwei Jahre ableistet. Seit sein Pass abgelaufen ist, kann er nicht mehr ins Ausland reisen, denn seine Einbürgerung zieht sich.
Einen vorläufigen Pass stellte ihm Deutschland nur ein paar Mal vor der Pandemie aus. Etwa 2019, damit er nach Tschechien konnte, wo er mit der deutschen U18-Auswahl Europameister
wurde. Oder 2018, damit er an der U18-WM in Griechenland teilnehmen konnte. Sein geteilter zweiter Platz damals hat ihn bestärkt, weiter auf Schach zu setzen. Einmal, in Lüneburg, hat er eine GM-Norm knapp verpasst. Dann kam die Pandemie, und seine Leistungen stagnierten. Nach dem Norderstedter Abstieg aus der Zweiten Bundesliga, wechselt er nach Kiel. Inzwischen ist er vereinslos.
Vor ein paar Monaten hat Parvanyan eine kaufmännische Ausbildung als Logistiker abgeschlossen und ist von seinem Arbeitgeber übernommen worden. Er hat sich für eine Teilzeitstelle entschieden. Montag bis Mittwoch arbeitet er in Hamburg, den Rest der Woche nutzt er für Schach.
Das Münchner Schachfestival kennt er seit der ersten Ausrichtung 2023. Als er hörte, dass es dieses Mal Normturniere gab, war er sofort interessiert. Daniel Kopylow, ein guter Freund, kam mit. Vor dem Turnier wusste er nicht, ob er in Form war. Beim Grenke-Open über Ostern hatte er 16 Elopunkte verloren. In München verdarb er gleich in der ersten Runde eine gewinnträchtige Stellung zum Remis. Nach zwei weiteren Remis gegen Spieler mit weniger Elo schien der Zug zur GM-Norm abgefahren. Doch der Glanzsieg über Laurusas änderte alles.
Gleich am folgenden Morgen schlug er den nächsten Großmeister, Gudmundur Kjartansson, der in München lebt und für Bundesliga-Aufsteiger MSA Zugzwang spielt. Als nächstes wartete der dritte Großmeister, Nikita Meshkovs. Mit Schwarz musste er gegen den Letten von Beginn an verteidigen. Wieder hielt er, obwohl auf den 30-Sekunden-Bonus angewiesen, durch: Remis gegen den späteren Gruppensieger. Für die Norm musste er die letzten drei Partien gewinnen. Seine Gegner: drei Inder, alle im schlagbaren Bereich. Parvanyan hat sie geschlagen und seine Elo wieder über 2400 geschraubt.
Seine Jagd auf die zweite GM-Norm hat bereits begonnen. Bis kommenden Samstag spielt er beim Pfingst-Open des Münchner Schachfestivals.



oben links: Ashot Parvanyan / Foto Sebastian Siebrecht
oben rechts: Tomas Laurusas / Foto Conrad Schormann
unten: Ashot Parvanyan Foto / DSB
Mehr Infos:
Das Schachfestival München
Seine Premiere feierte das Schachfestival München 2023 mit drei Turnieren plus Rahmenprogramm. Vor der zweiten Auflage 2024 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter gründete das Organisationsteam den Trägerverein Schachfestival München e.V. und warb weitere Mitstreiter an, um das mehrwöchige Festival mit hunderten Gästen zur Tradition werden zu lassen. An potenziellen Mitspielerinnen und Mitspielern mangelt es nicht. Allein in München gibt es 35 Schachclubs mit etwa 2.250 Mitgliedern. Die Zahl der nicht organisierten Hobbyspieler liegt um ein Vielfaches darüber.
Kontakt:
Richard Holzberger
Schachfestival München e.V.
richard@schachfestivalmuenchen.de
+49 1512 3553443
Sebastian Siebrecht
Turnierdirektor
+49 179 5241835roßmeisternorm für Ashot Parvanyan