VITALY KUNIN UND KATERYNA DOLZHYKOVA SIND NEUE DEUTSCHE MEISTER

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Vom 14. bis 20. August wurden in der Sportschule Ruit in Ostfildern bei Stuttgart die Deutsche Einzelmeisterschaft sowie die Deutsche Einzelmeisterschaft der Frauen ausgerichtet. Dabei wurden wir Zeuge zweier sehr unterschiedlicher Meisterschaften, die aber jeweils Titelpremieren hervorbrachten. Während bei den Frauen die Setzlistenerste Kateryna Dolzhykova von Anfang bis Ende das Maß aller Dinge war und bereits vor der letzten Runde als Meisterin so gut wie feststand, konnte im offenen Turnier Vitaly Kunin in der letzten noch laufenden Partie der letzten Runde ein echtes Herzschlagfinale gewinnen und sich den Titel sichern.

Ein großer Dank geht an den Schachverband Württemberg, der die Austragung der beiden Meisterschaften kurzfristig übernommen hat, und den SC Ostfildern, der mit vielen freiwilligen Helfern vor Ort aushalf!

Deutsche Einzelmeisterschaft (DEM)

Durch das Fehlen des Titelverteidigers Leonardo Costa war schon vor der ersten Runde klar, dass ein neuer Meister gekürt werden würde.

Bereits nach der ersten Runde schien alles möglich: Von den sechs Topgesetzten konnte sich lediglich der Setzlistenerste Daniel Fridman durchsetzen und auch der spätere Sieger Vitaly Kunin musste an dieser Stelle schon den ersten halben Punkt abgeben. Die beiden Teilnehmer Jahrgang 2011, Christian Glöckler und Alfred Nemitz, konnten dagegen mit Siegen gegen Internationale Meister überraschen und ihr Potenzial andeuten. Gerade am Anfang brachten die beiden die Deutsche Einzelmeisterschaft ganz schön durcheinander, Christian Glöckler ließ in Runde zwei gegen Thilo Erdmann den zweiten Sieg gegen einen Gegner mit über 2400 Elopunkten folgen. Zum Schluss konnten beide das Anfangstempo nicht ganz halten, erreichten mit jeweils 4,5 Punkten aber beide ein gutes Ergebnis und ordentliche Elo-Zuwächse.
Die erste Doppelrunde an Tag drei schüttelte das Feld kräftig durcheinander und Vitaly Kunin beendete den Tag das erste – und bis zum Turnierende einzige – Mal mit 3,5 Punkten als alleiniger Tabellenführer.
Wie umkämpft es zuging, ließ sich insbesondere an der Tabelle nach der sechsten Runde ablesen. Nach zwei Dritteln des Turnieres standen die fünf Spieler Daniel FridmanVitaly KuninRaphael LagunowMarius Deuer und Tobias Kölle punktgleich an der Spitze, bevor Kunin in Runde sieben mit einem Sieg die Titelträume von Nachwuchsspieler Marius Deuer beendete. Der kämpfte sich mit zwei Schlusssiegen zwar wieder nach vorne zurück, am Ende reichte es aber „nur noch“ für Rang zwei.
Vor der Schlussrunde war aus der Fünfer- eine Dreierspitze geworden, bestehend aus Vitaly KuninRaphael Lagunow und Tobias Kölle. Lagunow und Kölle trafen in der Schlussrunde aufeinander, verpassten aber beide die Gelegenheit mit einem schärferen Abspiel Gewinnchancen zu kreieren, sodass die Partie recht ereignisarm remis endete. Vitaly Kunin hingegen spielte länger, sogar deutlich länger. Genau genommen war es die längste Partie des Tages und damit die letzte Partie des Turnieres, die er gegen Christoph Dahl spielte. In einem Schwerfigurenendspiel hatten beide Seiten Turm und Dame, Dahl zudem drei, Kunin nur zwei Bauern, dafür aber den deutlich sichereren König. Im Normalfall hätte dies problemlos für ein Remis gereicht, aber Dahls weißer König traute sich irgendwann aus seiner Ecke mit dem einen schützenden Bauern hervor. Anschließend wurde er so lange von Kunins Schwerfiguren über das Brett gejagt, bis tatsächlich mit Hilfe dieses Angriffs und einer Taktik die weiße Dame erobert werden konnte. Damit war Kunin nach vielen Versuchen und mehreren zweiten Plätzen in der Vergangenheit zum ersten Mal Deutscher Meister!


Deutsche Einzelmeisterschaft der Frauen (DFEM)

Bei der Deutschen Einzelmeisterschaft der Frauen war im Gegensatz zur offenen Meisterschaft die Titelverteidigerin Lara Schulze mit dabei. Am Ende konnte sie ihren Titel nicht verteidigen und war mit ihrem vierten Platz auch nicht zufrieden, wie sie in ihrem Blogpost zur Meisterschaft schreibt.

Insgesamt war das Frauenturnier von deutlich weniger Überraschungen geprägt als das offene Turnier: Die vier Favoritinnen Lara SchulzeKateryna DolzhykovaLuisa Bashylina und Carmen Voicu-Jagodzinsky belegten am Ende auch die ersten vier Plätze und waren durchgängig an der Spitze unterwegs. Annemarie Meier wäre vom Rating her durchaus Teil dieses Favoritinnenkreises gewesen, nach langjähriger Turnierpause war die fehlende Spielpraxis in den Niederlagen gegen die Spitze aber sicherlich ein wichtiger Faktor.

Siegerin Kateryna Dolzhykova befand sich nach fast jedem Spieltag an der Tabellenspitze. Lediglich nach Runde drei war es Carmen Voicu-Jagodzinsky, die in Führung lag, in Runde vier aber postwendend von Kateryna Dolzhykova besiegt und wieder von der Spitze verdrängt wurde. Am Ende remisierte Dolzhykova nur gegen Lara SchulzeLuisa Bashylina und Jana Bardorz und gewann alle anderen sechs Partien, um mit 7,5 Punkten und einem ganzen Punkt Vorsprung zu gewinnen.

Luisa Bashylina spielte ebenfalls ein starkes Turnier: Gegen die fünf Gegnerinnen, die am Ende auf den Rängen eins bis sechs landeten, spielte sie remis. Die vier restlichen Partien wurden gewonnen, sodass sie am Ende 6,5 Punkte und Rang zwei errang.

Carmen Voicu-Jagodzinsky schien nach ihrem Sieg in Runde drei gegen Titelverteidigerin Lara Schulze auf einem hervorragenden Weg zu sein, bevor ihr Dolzhykova in Runde vier die einzige Niederlage des Turniers bescherte. Nach einem Kurzsieg in der letzten Runde gegen Annemarie Meier sprang sie noch an Lara Schulze vorbei auf den dritten Podiumsplatz.

Jana Bardorz landete ungeschlagen mit 5,5 Punkte auf dem fünften Rang. Keine der Favoritinnen, gegen die sie im Laufe des Turniers alle gespielt hat, konnte sie besiegen.

Zu guter Letzt stark präsentiert hat sich Rebecca Doll. Mit 4,5 Punkten landete sie am Ende zwar „nur“ auf Rang elf. Sie spielte aber das gesamte Turnier über vorne mit und kann sich über ein kräftiges Elo-Plus von 96 Punkten freuen.


Bilder | Chessresults: DEM | DFEM


Quelle:  // Archiv: DSB-Nachrichten – Spielbetrieb // ID 24735