Die DSJ wird in einen e.V. umgegründet

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Am Samstag beschlossen der außerordentliche Bundeskongress und die außerordentliche Jugendversammlung die Umgründung der Deutschen Schachjugend in einen eingetragenen Verein.
Chessy beim Schachgipfel in Magdeburg
Der Kongresssaal im Maritim Hotel in Magdeburg

Die Deutsche Schachjugend wird in einen eingetragenen Verein umgegründet. Um 22.30 Uhr wird die Stimmenauszählung der geheimen Wahl verkündet. 196 Stimmen sind dafür und 61 Stimmen dagegen. Ein paar Momente der Stille folgen, dann ist auch nachgerechnet… die erforderliche Zweidrittelmehrheit ist erreicht und die Jugendversammlung beschließt somit nach über drei Stunden die Umgründung in einen eingetragenen Verein. Ein entscheidender Schritt zur Umgründung ist abgeschlossen.


Bereits zwölf Stunden früher beginnt im Maritim Hotel in Magdeburg der Bundeskongress des Deutschen Schachbundes (DSB). Alle Delegierten hier sind gespannt auf den Antrag von Malte Ibs zur Umgründung der DSJ. Für die Annahme eines solchen satzungsändernden Antrages bedarf es einer zweidrittel Mehrheit. Um 9:00 Uhr ist noch nicht abzusehen, ob diese Mehrheit überhaupt annähernd erreicht werden kann.

Der Bundeskongress beginnt und zunächst werden vorbereitende Punkte geklärt: Änderung der Tagesordnung, der Antrag auf „Nichtbefassung“ des Umgründungsantrages oder der Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Antrag auf Nichtbefassung wird relativ schnell mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Die Versammlung möchte sich also zumindest mit der Umgründung befassen und darüber diskutieren. Es ist ein erstes positives Zeichen.

Aufgrund des Ausschlusses der Öffentlichkeit sind für die DSJ nur Malte Ibs und Sascha Morawe aus dem Vorstand, und Jacob Roggon und Rainer Niermann, als Verhandlungspartner, im Sitzungssaal anwesend. Aktuelle Informationen aus dem Kongresssaal erhalten wir größtenteils über Twitter. Die Schachjugend aus Niedersachsen und einige Einzelpersonen berichten regelmäßig über die Stimmung, Wortmeldungen und aktuelle Entwicklungen hinter den Türen.

Zur Mittagspause um 13:00 Uhr ist der umfangreiche Antrag zumindest schon der Versammlung vorgestellt. Nach der Pause können also Aussprachen und Verhandlungen beginnen. Wir alle hoffen, dass es heute noch zu einer Abstimmung kommen wird.

Chessy am Brett bei den Deutschen Meisterschaften
Blick ins Foyer des Maritim Hotels in Magdeburg

Gegen 16:00 Uhr kommt die Versammlung wieder aus dem Sitzungssaal. Wir erfahren, dass eine Kleingruppe gegründet wurde, um letzte Fragen gemeinsam zu verhandeln. Mit Andreas Jagodzinsky, als Vermittlungsperson, soll ein gemeinsamer Antrag von DSJ und DSB zustande kommen. Zur selben Zeit sind wir schon auf dem Weg in den „großen Hörsaal“ der Otto von Guericke Universität Magdeburg. Dort beginnt um 18:00 Uhr die außerordentliche Jugendversammlung.

Kurz vor Beginn der Jugendversammlung erreicht uns dann (abermals über Twitter) die Nachricht, dass die Kleingruppe anscheinend eine Einigung erzielen konnte. Diese muss jetzt noch zur Abstimmung gestellt werden. Lilli Hahn eröffnet währenddessen die Jugendversammlung und unterbricht diese sofort, da viele Landesschachjugenden noch nicht anwesend sind. Viele Vertreter:innen sitzen noch stimmberechtigt im Kongresssaal im Maritim Hotel und warten auf die Abstimmung.

Diese findet nun auch endlich (in geheimer Wahl) statt. Das Ergebnis sind 165 Stimmen für die Umgründung, 60 Stimmen dagegen und drei Enthaltungen. Eine knappe Zweidrittelmehrheit ist erreicht und die Erleichterung ist groß. Doch die Freude hält sich in Grenzen, schließlich muss die Jugendversammlung auch noch ihre Zustimmung geben. Umgehend machen sich alle auf den Weg zur Universität in die Jugendversammlung.

Blick in den Hörsaal der Otto von Guericke Universität, wo die außerordentliche Jugendversammlung statt fand

Um 19:30 begrüßt Malte Ibs alle Vertreter:innen der Landesschachjugend und setzt die außerordentliche Jugendversammlung fort. Als Versammlungsleiter wird Jacob Roggon gewählt, Lennart Quante wird Protokollführer für die nächsten Stunden. Anwesend ist auch Ingo Thorn, Verhandlungsführer des DSB. In seinem Wortbeitrag appelliert er an die Anwesenden dem Antrag auch zuzustimmen und die e.V. Umgründung zu beschließen.

Jacob Roggon stellt zunächst einmal die Ergebnisse des Bundeskongresses vor. Die Einigungen in den wichtigsten Punkten sehen wie folgt aus:

  • Die DSJ ist zuständig für alle Jugendlichen unter 20 Jahren;
  • Die gemeinsame Geschäftsstelle soll beibehalten werden, nur die Räumlichkeiten sollen anders verteilt und möglichst getrennt genutzt werden;
  • Die DSJ stellt eine neue Geschäftsleitung ein. Darüber hinaus wird für 15 Monate eine Beratungsposition für unseren ehemaligen Geschäftsführer, Jörg Schulz, geschaffen und finanziert. So soll die neue Geschäftsleitung eingearbeitet werden und jahrelanges Fachwissen festgehalten werden;
  • Die DSJ ist nicht mehr mit einem festen Sitz im Präsidium des DSB vertreten. Bei allen Themen allerdings, die in irgendeiner Weise die Jugend berühren, hat die DSJ eine beratende Position im Präsidium.

Danach beginnen die Aussprachen zu den Inhalten. Viele Wortmeldungen beginnen mit lobenden und dankenden Worten an Jacob Roggon, Rainer Niermann, den geschäftsführenden Vorstand und die DSJ im allgemeinen.

Doch es gibt auch kritische Stimmen und Wortmeldungen, dass einzelne der e.V. Umgründung nicht zustimmen werden. Außerdem beantragt Johannes Pfadenhauer (Referent für Lehrgänge – Bayerische Schachjugend) eine Verschiebung der Abstimmung auf eine weitere außerordentliche Jugendversammlung in zwei Monaten. Dieser Antrag wird aber mehrheitlich abgelehnt und so enden um 22:00 die Aussprachen und die geheime Wahl kann statt finden. Es werden 257 Stimmkarten an die Länder und den Vorstand verteilt. Die Auszählung dauert knapp 30 Minuten.

Am Ende ist die Erleichterung im Saal außerordentlich groß, als das Ergebnis verkündet wird. Die Jugendversammlung stimmt der Umgründung mit einer Zweidrittelmehrheit zu (196 Stimmen dafür, 36 Stimmen dagegen und 25 Enthaltungen bei 257 abgegebenen Stimmen). Es ist ein historischer Moment. Die Strukturelle Veränderung stärkt die Eigenständigkeit der Jugend und löst viele Probleme in Haftungs-, Versicherungs- und Steuerfragen.

Doch die Jugendversammlung ist noch nicht vorbei. Zunächst muss der gesamte Vorstand, die Schiedsgerichte und die Kassenprüfung neu gewählt werden. Neu gewählt sind

  • Harald Koppen als Nationaler Spielleiter;
  • Helge Frowein als Schulschachreferent;
  • Lennart Quante als stellvertretender Vorsitzender.

Und auch über den Haushaltsplan muss um 23:30 Uhr noch geredet und abgestimmt werden. Eine Kraftakt für alle, die seit 9:00 Uhr am Bundeskongress teilnehmen. Nach einigen Aussprachen wird auch dieser gebilligt. Zum Schluss steht noch der Antrag der Landesschachjugend aus Sachsen zur Abstimmung (Seite 156 in den Unterlagen weiter unten). Darin wird der Vorstand aufgefordert Fachwissen und Abläufe zu protokollieren. Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Um 23:55 Uhr schließt Jacob Roggon die außerordentliche Jugendversammlung. Ein ereignisreicher, anstrengender Tag geht zu Ende.


Wir sagen nochmal herzlich willkommen allen neuen Mitgliedern im Vorstand und herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl dem restlichen Vorstand.

Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle auch an Lilli Hahn, die sich nicht zur Wiederwahl als stellvertretende Vorsitzende hat aufstellen lassen. Mit ihrer Arbeit im geschäftsführenden Vorstand war Sie auch an den erfolgreichen Abstimmungen heute Abend beteiligt. Darüber hinaus nahm sie auch tragende Rollen ein in den Projekten der Arbeitskreise Mädchenschach und Öffentlichkeitsarbeit. Nach den arbeitsreichen Monaten in der DSJ kann sie sich nun auf den Abschluss ihrer Promotion konzentrieren. Viel Kraft und Erfolg wünschen wir dir dafür und hoffentlich bis bald! Vielen Dank auch an Thomas Bundrock und Martina Dannies für die Organisation der Jugendversammlung vor Ort in der Universität Magdeburg.

Danke abermals an die Verhandlungsführer Jacob Roggon und Rainer Niermann auf der Seite der DSJ und an Ingo Thorn auf der Seite des DSB. Nur mit euren professionellen und detaillierten Ausarbeitungen und unzähligen Verhandlungsstunden konnte die Umgründung erreicht werden.

Der formelle Abschluss der Umgründung bedarf es noch einiger Schritte (z.B. dem Eintrag ins Vereinsregister), doch der Großteil des Weges liegt schon hinter uns. Danke an Alle, die inhaltlich mitgearbeitet haben und so viel Zeit und Energie in die Umgründung reingesteckt haben. Wir alle freuen uns sehr, dass wir uns in Zukunft wieder größtenteils auf schachliche Themen konzentrieren können.

Bleibt gesund

Lars Drygajlo