Ein unermüdlicher Schachdienstleister! Interview mit Franz Jittenmeier zum 80. Geburtstag

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Die deutschsprachige Schachwelt hat einen Grund zum Feiern: am 11. Mai wird Franz Jittenmeier, der Mastermind hinter dem Schachticker 80 Jahre alt. Wir haben dieses Jubiläum zum Anlass genommen, mit ihm ein Interview über seine nicht nachlassende Leidenschaft zu führen, seit über 20 Jahren über die nationale und internationale Schachszene zu berichten.

Franz Jittenmeier

Lieber Franz, du betreust nach Chessbase aus Hamburg die zweitwichtigste Schachnachrichtenseite in Deutschland. Wie kam es dazu, dass du sie aufgebaut und über so viele Jahre betreut hast?

Mich hat das Internet im Allgemeinen fasziniert. Dass man mit einer Webseite im Netz etwas präsentieren kann und damit überregional Interesse wecken konnte, fand ich einfach toll. 1999 durfte man sich noch attraktive Domainnamen aussuchen. Mit chess-international.de, chess-international.com und schach-ticker.de konnte ich mir attraktive Domainnamen sichern. Ein Mann der ersten Stunde war Norbert Lukas, der mir die Erstellung und Gestaltung einer Webseite beibrachte. Ohne ihn gäbe es den Schach-Ticker nicht.

Wie viele Stunden arbeitest du im Schnitt pro Woche für den Schachticker?

Ich habe nie die Stunden gezählt. Es sind sicher mehr, als wenn ich einer normalen Arbeit nachgehen würde. Es gibt keinen geregelten Feierabend. Die aktuelle Nachricht hat immer Vorrang.

Den Schachticker gibt es nun seit über 20 Jahren. Dazu gehört sicherlich großes Durchhaltevermögen?

Ganz wichtig. Ohne Durchhaltevermögen sollte man erst gar nicht anfangen.

Denkst du dir nicht manchmal, dass du die Zeit auch anderweitig nutzen könntest?

Wenn man etwas gerne und mit Herzblut macht, denkt man nicht daran etwas anderes zu machen.  Außerdem entdecke ich immer wieder etwas Neues, was zum Beispiel auch das Aussehen des Schach-Tickers verbessert.

Leider hast du nur wenige regelmäßige Mitarbeiter, die sich am Projekt beteiligen. Woran liegt das?

Das liegt auch an mir. Wenn ich ein wenig Werbung machen würde, um ehrenamtliche Mitarbeiter anzusprechen, könnte sich das schnell ändern.

Du bist in einem Alter, in dem man nicht erwarten würde, auf technisch versierte Menschen zu treffen, die sich mit dem Aufbau und der Pflege von einer Homepage auskennen. Bei dir ist es jedoch anders. Woher rührt das?

Wichtig ist als erstes das Interesse. Ich bin süchtig nach Neuigkeiten. „Learning by doing“ ist meine Motivation.

Ein schwieriges Thema ist sicherlich die Objektivität der Berichterstattung. Es kommt ja oft zu Kontroversen, wenn man über kritische Themen berichtet oder wenn sich jemand angegriffen fühlt. Wie gehst du damit um?

Ich versuche objektiv zu sein und halte mich im Allgemeinen zurück.  In seltenen Fällen muss man auch mal Kritik üben. Kritik kommt allerdings bei denen die kritisiert werden nicht gut an, und ich habe auch schon einige Repressalien erlebt. Kritik muss sein. Übrigens darf man auch mich kritisieren.

Wie siehst du in dem Zusammenhang dein Verhältnis zum Deutschen Schachbund? Hier gibt es ja durchaus Spannungen, wie man hört…

Der Schachbund, unter der neuen Führung von Ulrich Krause und Prof. Dr. Markus Fenner, hat die Verleihung des „Deutschen Schachpreises“ an mich infrage gestellt. Anlass war eine berechtigte Kritik auf dem Schach-Ticker, die besonders Herrn Krause nicht gefiel. Das Verhältnis ist zu meinem Bedauern gestört. Mein Angebot die ganze Angelegenheit durch ein Telefonat aus der Welt zu schaffen, wurde nicht angenommen. Auch das 20- jährige Jubiläum des Schach-Ticker wurde vom DSB ignoriert. Wertschätzung sieht anders aus.

Gehören zum Alltag eines Schachredakteurs auch längere Telefonate? Zum Beispiel mit Betroffenen, die sich falsch dargestellt sehen?

Das geschieht schon von Zeit zu Zeit. In der Regel sind es freundliche und sachliche Gespräche.

Siehst du dich manchmal als „Gegenöffentlichkeit“ zu Chessbase?

Ich kenne Chessbase von Beginn an. Eine exzellente Marke, die ich von Anfang an nutze. Ich schätze Herrn Matthias Wüllenweber, den Schöpfer von „Chessbase“, sehr.  Der Schach-Ticker hat ein anderes Konzept als Chessbase. Der Schwerpunkt von Chessbase sind eigene Produkte.

Denkst du, dass die Öffentlichkeitsdarstellung von Schach sich noch verbessern könnte?

Das Thema ist so komplex, dass der Platz nicht ausreicht. Es gibt vieles zu verbessern. Die Darstellung von Schach im Allgemeinen ist eine ewige Baustelle an der permanent gearbeitet werden muss. Das fängt bei den Schachvereinen an und geht über die Landesverbände bis hin zum Schachbund. Wenn man sich die zum größten Teil kümmerlichen Webseiten/Visitenkarten der Landesverbände ansieht, dann darf man sich nicht über mangelndes öffentliches Interesse wundern. Ebenso sieht es bei den Vereinen aus. Dabei ist es heute so einfach eine neue Webseite zu generieren. Man muss nur wollen.

Was denkst du, was wird wohl aus dem Schachticker, wenn du eines Tages abtreten solltest?

Wenn jemand den Schach-Ticker übernehmen möchte, soll er sich bei mir melden. Es wäre schön, wenn ich wüsste, dass es einen Nachfolger gibt.

Schlussfrage: was wünscht du dir für die kommenden Jahre?

Ich wünsche mir, dass ich gesund bleibe und noch einige Jahre den Schach-Ticker pflegen kann.

Das Interview führte Großmeister Gerry Hertneck

Quelle: https://www.chess-international.com/